So verstehst du die Körpersprache deines Hundes richtig
Wir kommunizieren immer, ob wir wollen oder nicht. Getreu dem Motto «Man kann gar nicht nicht kommunizieren» teilen wir uns quasi die ganze Zeit mit. Und auch unsere Hunde kommunizieren ständig mit uns, jedoch meistens ganz ohne einen Laut von sich zu geben. Diese Art der Kommunikation dreht sich vor allem um die Körpersprache. Für uns scheint es zunächst wie eine Fremdsprache und gar nicht immer leicht zu verstehen. Doch mit einiger Übung und genauer Beobachtung lässt sich daraus Spannendes über den Gemütszustand eines Hundes ableiten.
Wie gehe ich am besten vor?
Da die hündische Körpersprache oft sehr subtil ist, erfordert sie ein aufmerksames Auge. Um einen Hund nicht nur lesen, sondern auch verstehen zu können, sind zwei Schritt notwendig:
Beobachten und neutral beschreiben, was sichtbar ist. Die einzelnen Elemente der hündischen Körpersprache findest du nachstehend beschrieben.
Erst dann folgt das Interpretieren. Dazu werden alle Beobachtungen, die körperlichen Reaktionen deines Hundes und sein Verhalten in der entsprechenden Situation mit einbezogen. Der Kontext ist dabei ein entscheidendes Element. Denn das Verhalten unserer Hunde ist immer auch an die Umwelt und Rahmenbedingungen geknüpft und sollte nie nur isoliert betrachtet werden.
Als Hundetrainerin habe ich schon häufig bemerkt, dass die Körpersprache unserer Hunde gar nicht bewusst wahrgenommen wird. Oft passiert es, dass ich im Training zum Beispiel frage: «Hast du die Ohrenbewegung deines Hundes gerade gesehen - und dass er sich kurz angespannt hat?» – und meistens höre ich dann ein «Ja». Aber die meisten können mit der Beobachtung alleine erstmal nichts anfangen. Daher ist es wichtig, zum einen unser Auge zu schulen und auf kleine Signale zu trainieren, damit wir überhaupt bemerken, was der Hund uns zeigt. Und im zweiten Schritt müssen wir daraus entsprechende Schlüsse ziehen können, damit wir das Verhalten auch verstehen.
Körpersprache = Kommunikation ohne Worte
Hunde besitzen eine vielfältige Sammlung an für uns hörbaren Lauten, wie z. B. Bellen, Fiepen oder Winseln. Die Hauptform der Kommunikation findet allerdings ganz ohne «Geräusche» statt. Wenn zwei Hunde aufeinandertreffen, kommunizieren sie vor allem auf nonverbaler Ebene miteinander. Sie beobachten und bewerten einander anhand ihrer Körpersprache und können dadurch schnell eine erste Einschätzung der Stimmung des anderen Hundes bekommen.
Als Hundehalter:in sollte man auf die Körpersprache seines Hundes achten, damit man dieselben Informationen hat und sich auf eine mögliche Reaktion vorbereiten kann. Aber was gibt es denn genau zu beobachten und was wird da genau unter Hunden kommuniziert?
Die Elemente der hündischen Körpersprache im Überblick
Ein Hund verfügt über verschiedene Kommunikationsmittel, nämlich Augen, Ohren, Zähne, Fell, Schwanz, Gang und Körperhaltung, um non-verbal mit anderen Hunden und mit dir zu kommunizieren.
Dabei hängt die Verständlichkeit seiner Information massgeblich davon ab, wie gut der Empfänger darauf reagiert. Ein Hund, mit einem sehr gut ausgeprägtem Ausdrucksverhalten, kann auf Unverständnis treffen, wenn das Gegenüber die Botschaften nicht versteht. Stell dir zum Beispiel vor, du triffst auf jemanden, der perfekt Japanisch spricht, du aber nur drei Wörter Japanisch verstehst. Ihr werdet euch nicht flüssig und problemlos verständigen können. Genauso geht es einem Hund, wenn sein Mensch oder auch ein anderer Hund nicht entschlüsseln kann, was der Hund mitteilen will.
Für eine bessere Verständigung mit deinem Hund, gebe ich dir hier einen Überblick über die wichtigsten Elemente der hündischen Körpersprache. Los geht's!
Die Neutrale Körperhaltung: freundlich-interessiert
Um zu erkennen, ob und wann dein Hund eine Veränderung in seiner Körperhaltung zeigt, schau dir zuerst an, wie dein Hund aussieht, wenn er entspannt ist.
Eine neutrale und interessierte Haltung kannst du daran erkennen, dass das Fell deines Hundes am Körper anliegt bzw. glatt ist, der Schwanz locker-entspannt nach unten hängt, die Ohren aufgerichtet sind und spielend, der Kopf leicht angehoben, der Blick klar und interessiert und der Fang etwas geöffnet ist. Die Zunge ist leicht sichtbar und liegt locker im Maul liegt bzw. hängt leicht heraus. Der Körper und die Bewegungen deines Hundes sind weich und locker.
Die Rute als Stimmungsbarometer
Die Rute ist ein schon von Weitem gut erkennbares Kommunikationszeichen bei Hunden und kann wie eine Art «Stimmungsbarometer» verstanden werden. Dabei gibt dir die Höhe, auf der die Rute getragen wird, eine erste Auskunft über die Erregungslage eines Hundes.
Eine hoch getragene Rute signalisiert eine erhöhte Erregung - zumindest, wenn dein Hund nicht rassetypisch eine hoch getragene oder gekringelte Rute hat, wie zum Beispiel bei Spitzrassen, Appenzeller Sennenhunden oder vielen Terrierrassen üblich.
Erregung zu erkennen ist wichtig, da ein aufgeregter Hund bei anderen ebenfalls eine gesteigerte Erregung auslösen kann. Siehst du also einen Hund, dessen Rute wie eine «Antenne» getragen ist, wirf einen Blick auf deinen Hund, um auf das Verhalten bestmöglich vorbereitet zu sein.
Aufgepasst: Wedelt dein Hund mit der Rute, ist das nicht automatisch mit Freude gleichzusetzen. Schwanzwedeln deutet nämlich in erster Linie auf Erregung hin.
Gut erkennbar bei Hunden ist auch eine eingezogene Rute zwischen den Hinterbeinen und signalisiert eine defensive Haltung. Häufig lässt sich auch beobachten, dass Hunde aussehen, als würden sie ihren Popo einziehen, nämlich wenn der Schwanz nach unten geht und der Rücken dadurch leicht gekrümmt wird. Das ist beim Hund ein Zeichen von Stress, Unsicherheit, Überforderung oder Angst - und hier sollte man unbedingt erstmal Abstand halten bzw. seinen Hund aus der Situation herausführen.
Das Hundefell - aufgestellt oder anliegend?
Während die Rute ein besonders gut erkennbares Ausdrucksmittel ist, lässt sich ebenso schnell auch das Fell deines Hundes analysieren. So ist jedes einzelne Hundehaar ist mit einem sogenannten Haarbalgmuskel ausgestattet. Dieser ermöglicht es deinem Vierbeiner, sein Fell bei Bedarf aufzustellen. Am ausgeprägtesten ist diese Muskulatur an den Nacken-, Rücken- und Rutenhaaren und dient ebenfalls der Kommunikation.
Ein aufgestelltes Nackenfell kann zum Beispiel Erregung, Stress oder auch Verunsicherung bedeuten. Es ist vergleichbar mit unserer «Gänsehaut». Um diese Information richtig zu verstehen, muss man unbedingt die anderen Signale wie Rute, Augen, Kopf- und Ohrenhaltung mit berücksichtigen und die Gesamtsituation im Kontext sehen.
In einer Konfliktsituation bedeutet die umgangssprachlich genannte «Bürste» (der Fachausdruck dafür ist übrigens Piloerektion 😉), also ein aufgestelltes Nackenfell einen offensiven, nach vorne orientierten Lösungsansatz. Solch ein Hund ist eher bereit, den fremden Reiz oder den Störfaktor über einen Aktion nach vorne, z. B. einen Angriff auf Abstand zu halten. Stellt ein Vierbeiner sein Fell nur am Hinterteil auf, so signalisiert er ebenfalls eine Abwehrhaltung, bevorzugt allerdings eine defensive Variante. Nicht immer ist der Unterschied so klar zu erkennen.
Zu beachten gilt hier, dass eine «Bürste» oft nicht bis kaum erkennbar ist, wenn Hunde ein Geschirr tragen, da die Haare am Nacken und Rücken verdeckt sind. Auch bei gelockten oder langhaarigen Hunden ist ein aufgestelltes Fell oft schwer erkennbar. Daher ist es wichtig, immer die Gesamtheit der Körpersprache zu beobachten und sich nicht nur auf ein Element zu konzentrieren.
Die Augen: ein Blick sagt mehr als tausend Worte
Der Blick eines Hundes kann viel verraten und die Augen sind ein aussagekräftiges Kommunikationsmittel.
«Als Faustregel gilt: Wo der Blick deines Hundes hingeht, dort geht auch die nächste Aktion hin.»
Eine wichtige Ausdrucksform, die du jedenfalls erkennen solltest, ist das Fixieren. Vor allem Hunde aus den Rassengruppen Hüte- und Treibhunde neigen genetisch zum Fixieren. Wenn ein Hund fixiert, kann das verschiedene Bedeutungen haben, wie zum Beispiel als Abbruchsignal, Aufrechterhaltung der Individualdistanz oder Territorialverteidigung. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass das Fixieren eine Vorstufe zur Jagdsequenz ist und von anderen Hunden als Drohgebärde aufgefasst wird. Daher ist es unerlässlich, dass wir als Hundehalter*innen bei Hundebegegnungen eingreifen, wenn wir erkennen, dass ein Hund fixiert.
Leider bemerken viele nicht, dass ihr Hund fixiert, da die Augen des Hundes von oben nicht gut sichtbar sind. Wenn ein Hund fixiert, verändert sich jedoch auch seine Körperhaltung. Sie wird angespannt und der Kopf sinkt ab. Hier gilt es dann umgehend zu reagieren, um eine Eskalation zu vermeiden.
Ohren, Fang und Mimik
Neben den Augen geben auch die Ohren, der Fang sowie die Mundpartie mit den Lefzen Einblick in den Gemütszustand eines Hundes. Besonders die Ohren sind auch aus der Distanz meistens gut erkennbar. Bei Hunden mit Schlappohren sind besonders die Ohrwurzel und die sichtbare Dreiecksform der Ohren zu beachten. Nach vorne oben gerichtete Ohren signalisieren Neugier, Aufmerksamkeit und Konzentration. Nach hinten angelegte Ohren deuten auf defensives Verhalten hin.
Links = Aufmerksam-interessiert mit aufgerichtetem Ohrenansatz Rechts = Nach hinten am Kopf angelegt Ohren mit geschlossenem, gepresstem Maul und ungerichtetem Blick mit vergrösserten Pupillen deuten auf Anspannung und Unwohlsein hin.
Offensives (nach vorne gerichtetes) und defensives (verteidigendes) Verhalten von Hunden zeigt sich durch ihre Ohren, ihren Fang und ihre Lefzen für uns besonders deutlich. Es ist jedoch wichtig, auch hier wieder den gesamten Körper und den Schwerpunkt des Hundes zu betrachten, um die Stimmungslage zu interpretieren. Zum Beispiel können angelegten Ohren mehrere Bedeutungen haben – z. B. Demut, Stress oder Fluchtbereitschaft. Wenn jedoch zu einer flachen, am Kopf angelegten Ohrenhaltung noch Zähne sichtbar werden - und sei es auch nur minimal -, so ist es ratsam, sich umgehend zurückzuziehen, da auch ein Angriff möglich ist.
Grundsätzlich gilt: Mit einem Hund, der Zähne zeigt - und sei es auch minimal-, ist nicht zu spassen und Rückzug ist ratsam. Denn es ist eine klare Drohgebärde, der im nächsten Schritt die Verteidigung folgt.
Deutliche Drohgebärden mit Nasenrücken kräuseln und sichtbaren Zähnen. Im Bild links könnte der Stock verteidigt werden.
Ob ein gestresster Hund nun den Angriff nach vorne oder den Rückzug aus einer unangenehmen Situation wählt, kann man an seiner Ohren-, Ruten- und Körperhaltung als Ganzes erkennen.
Bei einer defensiven Drohung sind die Ohren nach hinten und am Kopf angelegt, die Rute tief gehalten, der Hund kräuselt den Nasenrücken und die Zähne sind sichtbar. Die Kommunikation über die Lefzen kann sehr subtil sein und schon ein leichtes Kräuseln, das oft für uns Menschen nicht bemerkt wird, zeugt vom Unmut des Hundes. Daher ist es wichtig, deinen Hund genau zu beobachten, um auch die feinen Veränderungen um seine Schnauze herum wahrzunehmen. Nicht immer droht ein Hund so deutlich wie in den Bildern oben.
Wenn der Hund droht anzugreifen und offensiv droht, sind die Ohren nach vorne gerichtet, die Rute erhöht getragen und der Körperschwerpunkt eher nach vorne-oben gerichtet. Grundsätzlich lässt sich dabei sagen: je höher die Rute getragen wird, desto bereiter ist ein Hund zu einer vorwärts gerichteten Problemlösung.
Körperschwerpunkt, Gang und Annäherung
Die Körperbewegung deines Hundes ist ebenfalls von grosser Bedeutung, um seinen emotionalen Zustand zu verstehen. Der Gang und die Art und Weisse der Annäherung können die Signale, die bereits über die beschriebenen Ausdrucksmittel ausgesendet werden, noch verstärken. Wenn dein Hund beispielsweise stark an der Leine zieht, wirkt er kraftvoll und energiegeladen.
«Leinenzug bewirkt, dass der Körper deines Hundes nach vorne-oben gerichtet wird, was auf andere Hunde ungewollt bedrohlicher wirkt.»
Auch das Herannahen eines freilaufenden Hundes an einen anderen Hund kann viel über dessen Absichten verraten. Ein direktes Zurennen auf einen anderen Hund gilt als unhöflich und bedrohlich und kann schnell zu Konflikten führen. Ein respektvolles Herannahen erfolgt in einem Bogen und mit leicht abgewandtem Körper. Das drückt aus: Dieser Hund ist nicht auf Streit aus.
Missverständnisse zwischen Hunden
Bei Hunden kann es durchaus zu Missverständnissen kommen, insbesondere, wenn sie bestimmte körperliche Merkmale haben, die von Rasse zu Rasse unterschiedlich sind.
Ein häufiges Problem ist die Rute, bei der es bei den Rassestandards verschiedene angezüchtete Arten gibt, wie sie getragen wird. Es kann dadurch schwierig sein, die richtige Bedeutung einer Rutenhaltung zu verstehen, wenn es sich beispielsweise um Hunde mit kupierten Ruten (was in der Schweiz und in Deutschland verboten ist) oder Hunde mit natürlichen Stummelruten, den sogenannten Natural Bobtails, handelt. Diesen Hunden ist ein Element der Kommunikation genommen und betroffen sind z. B. Französische Bulldoggen, der Mops oder der Boston Terrier.
Bei diesem Bobtail (links) und dem Boston Terrier (rechts) fehlt die Rute als Kommunikationsmittel
Auch bei Hunden, die immer «dauerimponierend» unterwegs sind, wie zum Beispiel dem Papillon, durch die nach oben aufgerichtete Rute, trügt das reine Aussehen über ihren Gemütszustand hinweg. Ein häufiges Problem für andere Hunde sind auch Rassen, wie der Rhodesian Ridgeback, die immer eine «Dauerbürste» und dazu häufig ausgeprägte Stirnfalten haben. Das kann bei anderen Hunden ebenfalls Verwirrung stiften, wenn der Rest des Hundes kommunikativ nicht richtig dazu passt.
Rhodesian Ridgeback mit rassetypischem Rückenkamm (links) und Papillon mit hochgetragener Rute (rechts)
Bei vielen Windhundrassen hingehen ist das Gegenteil der Fall. Sie zeigen häufig eine Art "Dauerdemut", weil die Rute sehr tief getragen oder sogar eingeklemmt wird. Andere Hunde haben es dadurch schwer, aus dieser Haltung die richtigen Schlüsse für die Kommunikation zu ziehen.
Genauso verhält es sich bei Hunderassen, mit langem, üppigem Fell. So kann das Gegenüber den Gesichtsausdruck, Ohren oder Rute nur schwer erkennen.
Windhundrasse Barsoi mit tief gehaltener Rute (links) und ein Briard mit üppigem Haarkleid, das das Erkennen von Mimik erschwert (rechts)
Wie du Hundesprache besser verstehen lernst
Zugegeben, es ist als Mensch nicht ganz so einfach, aus der Körperhaltung eines Hundes die richtigen Informationen zu lesen. Was von unserem Vierbeiner blitzschnell verarbeitet wird, braucht beim menschlichen Gehirn etwas mehr Zeit. So kommt es zwangsläufig vor, dass wir von der Reaktion unseres Hundes überrascht werden, weil wir einfach noch nicht alle Signale sortiert haben. Schlussendlich ist es - wie bei anderen Fremdsprachen auch - eine Übungssache, wie präzise wir eine Situation einschätzen können. Je mehr Gelegenheiten du hast, die Körpersprache anderer Hunde zu beobachten, desto schneller wird dein Kopf mit der Informationsverarbeitung.
Tipp: Nimm dir Zeit und gehe anhand von Bildern und Videos die oben genannten Signale durch. Das schult dein Auge und hilft, verschiedene Hundetypen in ihrem Ausdrucksverhalten zu lesen.
Ich wünsche dir spannende Einblicke und viel Spass beim Beobachten!
Alles Liebe - Alexa 🙋🏼♀️
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